Sind Bio-Lebensmittel unserer Gesundheit zuträglicher oder ist alles nur ein Verkaufsschmäh, damit wir für das gleiche Produkt mehr bezahlen?
Wer beim Einkauf im Supermarkt zwischen der Bio-Gurke und ihrer konventionellen Schwester schwankt, stellt oft nicht nur fest, dass Erstere mehr kostet, sondern auch, dass sie häufig schrumpeliger und kleiner ist. Ist das schon der Bio-Beweis und ist sie trotz dieses nicht gerade beeindruckenden Erscheinungsbildes gesünder?
Sensorische Qualität
Vergleicht man Bio-Lebensmittel mit konventionell hergestellten Produkten, sind die ersten Maßstäbe Aussehen, Größe, Geruch und Geschmack. In puncto Geschmack und Geruch lässt sich oftmals kein Unterschied festmachen. Bei Größe und Aussehen hinken die Bio-Produkte häufig nach, doch das liegt daran, dass beim Anbau kein Kunstdünger zum Einsatz gekommen ist.
Steht bio drauf, ist bio drin
„Bio“ oder „öko“ sind bei Lebensmitteln (nicht jedoch bei Kosmetika, Hygieneprodukten und Reinigungsmitteln) geschützte Bezeichnungen. Diese unterliegen strengen Vorschriften und Kontrollen, die die gesamte Produktionskette umfassen, und sind ein verlässliches Siegel für den Konsumenten. Fleisch, Fisch, Eier, Obst, Mehle, aber auch Süßigkeiten oder Wein gibt es in Bio-Qualität zu kaufen. Diese Lebensmittel werden nach den Vorschriften einer EU-Verordnung produziert. Ziel der biologischen Landwirtschaft ist es, ganzheitlich zu denken und sich geschlossene Stoffkreisläufe zunutze zu machen. Die Tiere werden artgerecht gehalten und aufgezogen, Antibiotika werden nur eingesetzt, wenn es keine alternative Behandlungsmöglichkeit gibt, und auf Wachstumshormone wird gänzlich verzichtet.
Weniger Pflanzenschutz bringt mehr Artenschutz
Bio-Bauern verwenden keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel. Es sind nur 35 sehr schwach toxische Pestizide erlaubt – verglichen mit ca. 400 verschiedenen Pestiziden im konventionellen Landbau. Pflanzenschutzmittel für die konventionelle Landwirtschaft sind zwar streng geprüft, Kritiker betonen jedoch, dass Auswirkungsdaten für kombinierte Pestizid-Anwendung und Langzeitstudien fehlen.
Schrumpelig, aber kraftvoll
Pflanzen auf Bio-Feldern müssen ohne synthetischen Dünger auskommen. Dadurch wachsen sie langsamer, haben einen geringeren Wassergehalt und auch einen höheren relativen Nährstoffgehalt. Sie sind oft kleiner und wirken weniger prall, was fälschlicherweise eine schlechtere Qualität vermuten lässt.
Fakten-Box:
Was bedeutet „bio“?
- aus kontrolliert ökologischem Anbau
- nicht gentechnisch verändert
- ohne Einsatz von chemischen Düngern, die klimaerwärmend wirken
- stark reduzierter Einsatz von Pflanzenschutzmitteln
- artgerechte Tieraufzucht und -haltung
- ohne Einsatz von Antibiotika oder Wachstumshormonen
- nicht mit ionisierenden Strahlen behandelt
- weniger Zusatzstoffe erlaubt (nur knapp 60 statt über 300)
- Aromen müssen zu 95 % aus der namensgebenden Frucht bestehen
- Zutaten maximal zu 5 % aus nicht ökologischen Quellen
Woran ist bio erkennbar?
Bio-Landwirtschaftsbetriebe werden mindestens einmal im Jahr von einer staatlich autorisierten Prüfstelle kontrolliert. Alle verpackten Lebensmittel, die die Europäische Mindestverordnung einhalten, dürfen das Europäische Bio-Logo (zwölf Sterne, die ein Blatt bilden) tragen.
Bei Produkten mit dem roten AMA-Biozeichen bedeutet dies zusätzlich, dass sie in Österreich hergestellt wurden, und zwar aus Rohstoffen, die zu zwei Dritteln aus Österreich stammen.
Bio-Produkte vom Diskonter
Auch Diskonter bieten längst Bio-Produkte zu moderaten Preisen an. Diese müssen ebenfalls in gleicher Weise die strikten Mindeststandards der EU-Verordnung einhalten. Manche Hersteller halten sogar freiwillig noch strengere Standards ein, wie zum Beispiel die preislich höher liegenden Produkte mit Demeter-Gütesiegel.
Mehr drin?
Die Frage, welche Produkte mehr Qualität aufweisen, lässt sich anhand gründlicher Analysen verlässlich beantworten. Biologisch produzierte Obst- und Gemüsesorten haben ein höheres antioxidatives Potenzial als konventionell produzierte Vergleichsprodukte. Das heißt, der Vitamingehalt und die sekundären Pflanzenstoffe weisen ein größeres Ausmaß auf. Auch bei Milchprodukten ließ sich ein höherer Anteil von Omega-3-Fettsäuren nachweisen, was sich „antientzündlich“ auswirkt. Ebenso konnte Fleisch aus biologischer Landwirtschaft durchwegs durch eine bessere Fett-Qualität überzeugen.
Gesundheitswirkung: Zu wenige Studien
Dass dieses Mehr an positiven Inhaltstoffen zu weniger Krankheiten führt, ist jedoch weniger gut belegt. Der Grund liegt in methodischen Schwierigkeiten: Man bräuchte eine große Anzahl von Menschen, die sich ausschließlich von Bio-Produkten ernähren und eine in ihren Lebens- und Ernährungsgewohnheiten vergleichbare Gruppe, die sich ausschließlich konventionell ernährt. Das Problem: Konsumenten, die vermehrt zu Bio-Produkten greifen, pflegen generell gesündere Lebensgewohnheiten, machen mehr Bewegung, trinken weniger Alkohol, rauchen weniger und essen mehr pflanzliche Produkte.
Erwiesenermaßen weniger Schwermetalle und Co
Leicht nachzuweisen ist, welche schädlichen Inhaltstoffe in Bio-Produkten weniger enthalten sind. Dazu zählen Nitrat durch die Kreislaufwirtschaft, weniger Schwermetalle sowie Pestizid-, Hormon- und Antibiotika-Rückstände in Fleisch und anderen tierischen Produkten. Die daraus erzielten gesundheitlichen Vorteile sind bestätigt: Ein höherer Anteil an biologisch produzierten Lebensmitteln fördert den Rückgang von Allergien. Auch Unfruchtbarkeit, vor allem bei Männern, konnte reduziert werden. Krebserkrankungen (insbesondere Non-Hodgkin-Lymphome), kindliche Hauterkrankungen und Probleme im Schwangerschaftsverlauf traten mit vermehrtem Konsum von Bio-Lebensmitteln weniger auf. Vor allem in der frühkindlichen Entwicklung dürften die Pestizide eine schädigende Wirkung auf Gehirn und Nerven haben.
Bei erhöhter Belastung ausweichen!
In der englischen Literatur wird empfohlen, besonders bei jenen Lebensmitteln auf bio zu setzen, bei deren konventionellen Pendants häufig höhere Pestizid-Rückstände zu finden sind. Überprüft man dies anhand von Untersuchungen des österreichischen Marktes, lassen sich manche Obst- und Gemüsesorten ausfindig machen, bei denen häufiger Rückstände nachgewiesen werden konnten. Dies waren laut AGES (Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) zuletzt Birnen, Erdbeeren und Gurken.
Zusatzstoffe und Konservierungsmittel
Verarbeitete Lebensmittel unterscheiden sich nicht nur im Hinblick auf die Herkunft ihrer Zutaten, sondern auch in puncto Zusatzstoffe. Bei Bio-Produkten sind ausschließlich jene Zusatzstoffe erlaubt, die unbedingt für die Herstellung benötigt werden. So sind bei Produkten mit dem EU-Bio-Gütesiegel nur knapp 50 Zusatzstoffe zulässig. Dagegen darf in konventionellen Produkten das Sechsfache davon verwendet werden. Zwar sind alle diese Zusatzstoffe geprüft, dennoch ist eine Reduktion der Zusatzstoffe laut Forschern sinnvoll. Die Darmflora leidet unter einigen Konservierungsmitteln, künstlichen Süßstoffen, Emulgatoren und Farbstoffen. Wer bei verarbeiteten Lebensmitteln zum Bio-Produkt greift, hält sicher das natürlichere Produkt in Händen.
Keine Bestrahlung erlaubt
Bio-Lebensmittel dürfen übrigens auch nicht zwecks Haltbarmachung mit ionisierenden Strahlen behandelt werden. Dies ist in Österreich selbst in Hinblick auf konventionelle Lebensmittel nur bei getrockneten Kräutern und Gewürzen gestattet.
Klassische versus neue Gentechnik
Bio-Produkte sind zudem frei von Gentechnik. In Österreich ist der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen grundsätzlich verboten. Der Einsatz von Gentechnik in Lebensmitteln wird kritisch diskutiert.
Bei den herkömmlichen Gentechnik-Verfahren werden in das Erbgut Gene eines anderen Organismus eingeführt, um die Eigenschaften zu verbessern. Neue gentechnische Verfahren ermöglichen es, einzelne Gene aus dem Erbgut herauszuschneiden und neu zu kombinieren. Diese Innovation wurde sogar mit dem Nobelpreis bedacht. Befürworter jubeln, dass dadurch Pflanzen resistenter gegen die Klimaerwärmung würden und weniger Pestizide nötig seien. Wissenschaftler haben bestätigt, dass die Veränderungen nur solche sind, wie sie auch in der Natur durch klassische Mutation vorkommen. Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass es noch keine Daten zu der langfristigen Auswirkung auf Mensch und Natur gibt.
Derzeit ist jedoch gesichert, dass in Bio-Produkten und in Produkten mit dem Label „Ohne Gentechnik“ vom Futtermittel bis zum fertigen Produkt keine gentechnischen Maßnahmen durchgeführt wurden.
Pro bio
Es spricht also einiges dafür, beim Einkaufen vorzugsweise auf Bio-Lebensmittel zurückzugreifen. Vor allem bei tierischen Lebensmitteln wie Fleisch, Milchprodukten und Eiern sind eine artgerechtere Haltung und weniger Rückstände aus Medikamenten und Futtermitteln zu erwarten. Auch bei sehr sensiblen Obst- und Gemüsesorten, die bekanntermaßen leicht verderblich sind, ist das Bio-Pendant die bessere Wahl. Stutzig werden sollte man immer, wenn ein Lebensmittel lange „frisch“ bleibt, obwohl es als leicht verderblich bekannt ist.