Coronakrise, Ukrainekrise, Energiekrise, völlig ungewohnte Inflationswerte samt Neuerungen im Bereich der Finanzierung: All das verändert die Werthaltungen, Wünsche, Ziele von Menschen und Unternehmen und vor allem sehr oft ganz massiv ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten. „Wir beobachten schon seit einigen Monaten, dass die Nachfrage nach Immobilien von einem unglaublich hohen Niveau zurückgeht und das Angebot steigt“, erklärt Paul Ochsenhofer, akad. IM und RE/MAX Premium Makler, „eine Trendwende zeichnet sich ab.“
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Das große Ganze
74.258 Verbücherungen in Österreich im ersten Halbjahr 2022 sind nach den RE/MAX-ImmoSpiegel-Analysen um -2.331 weniger als 2021, also ein Minus von 3,0 %. Aber es sind um +10,3 % mehr als 2020, um +15,7 % mehr als 2019 und das Doppelte von 2013. Beim Transaktionswert findet sich noch keine Spur von Marktmüdigkeit. Mit 21,73 Mrd. Euro wurde im ersten Halbjahr 2022 erstmals die 20-Milliarden-Euro-Hürde genommen und gleichzeitig 2,12 Mrd. Euro, also +10,8 % draufgesetzt.
Änderungen für Interessenten und Käufer
Aufgrund der Dauer eines Immobilienkaufes von der ersten Besichtigung bis zur vollständigen Verbücherung im Grundbuch beinhalten diese Zahlen auch noch Effekte aus 2021 und der Zeit vor dem 24. Februar 2022, als für viele fast alles machbar und möglich schien. „Mittlerweile treibt die Inflation – zuerst über das Material und jetzt über das Personal – die Neubaukosten und nagt jetzt auch heftig am angesparten Eigenkapital für Neuanschaffungen“, analysiert Immobilienexperte Ochsenhofer. „Damit sind viele Finanzierungen, die noch vor einem Jahr problemlos und günstig abgewickelt werden konnten, plötzlich ein Fall für ausgesuchte Experten, die auch in kniffligen Situationen noch einen Weg finden. Für viele bedeutet das aber auch schlichtweg einen Projektstopp.“
Markt funktioniert
Warum der Immobilienmarkt dennoch weiterhin gut funktioniert, erklärt Ochsenhofer: „Viele Grundstückskäufer, die den Traum hatten, einen Neubau zu errichten, orientieren sich - aufgrund der massiv gestiegenen Baukosten bzw. der Tatsache, dass sie dafür keine Finanzierung mehr bekommen – neu. Der Markt für gebrauchte und damit wesentlich günstigere Einfamilienhäuser rückt in dieser Zielgruppe vermehrt in den Fokus. Weiters gibt es noch immer eine Vielzahl von Anlegern, die ihr Geld zwar mit geringerer Rendite, aber zumindest inflationssicher parken wollen. Es hat sich auch gezeigt, dass viele Verkäufer – in erster Linie Erben, die in den letzten Monaten noch zugewartet und auf steigende Preise gehofft haben – ihre Immobilie jetzt auf den Markt bringen. Sie investieren ihr Geld in ihre eigene Wohn- und Lebenssituation, solange es noch so viel wert ist wie jetzt.“
Spannende Verschiebungen im Markt
Gravierende Veränderungen stellen laut RE/MAX-ImmoSpiegel die gegenüber 2021 fehlenden -1.727 Verbücherungen von Grundstücken dar, auch die -528 weniger Gebäude. Dazu kommen noch -147 weniger Dachgeschoßwohnungen, -144 weniger Waldstücke, -130 weniger Einfamilienhäuser und -127 weniger Hausanteile. In der Menge nur teilweise kompensieren das die +138 mehr Zinshäuser und +136 mehr Reihenhäuser. Beim Gesamtwert kommt das größte Plus mit rund +790 Mio. Euro von Wohnungen, +420 Mio. Euro von Gebäuden und +360 Mio. Euro von Zinshäusern. Bemerkenswert ist auch der Einbruch bei Bürogebäuden von -260 Mio. Euro.
Der Aufreger der letzten Jahre, die PKW-Abstellplätze, hat sich eingependelt und liegt wie 2021 knapp unter 13.000 Einheiten (-0,5 %).
Veränderte Strukturen wirken nach
„Ausdruck der Veränderungen sind nicht nur die Gesamtzahlen am Immobilienmarkt“, ergänzt Ochsenhofer, „sondern vielmehr auch ihre Zusammensetzung. Wenn die Grundstückshandelsmenge massiv einknickt, dann sind das die Einfamilienhäuser, die in den nächsten Jahren eben nicht gebaut werden. Wenn der Bürogebäudeumsatz trotz fast konstanter Menge um beinahe die Hälfte zurückgeht, dann sind darin auch Homeoffice-Auswirkungen und Downsizing-Maßnahmen als Ursache versteckt.“
WIEN: Weniger als 2021, aber mehr als 2020 und zuvor
Nach einem auffälligem Verkaufsschub zum Halbjahr 2021 muss Wien 2022 wieder einen Rückgang bei den Immobilienverkäufen einstecken – hinter Oberösterreich mit einem Minus von 638 (-4,9 %) sogar den zweitstärksten. Dennoch sind die insgesamt 12.367 Verbücherungen nach den RE/MAX-Analysen immer noch mehr als 2020 und reichen für Rang zwei im Bundesländervergleich.
Verkaufsentwicklung: Flächenbezirke haben stark nachgelassen
Fast die Hälfte der Bezirke, nämlich elf, können 2022 ein Plus verzeichnen. Bis auf die Donaustadt (+336) liegen die Flächenbezirke jedoch weit zurück. Zulegen konnten vor allem Leopoldstadt (+311), Penzing (+232) und Rudolfsheim-Fünfhaus (+108). Der 15. Bezirk erzielte seinen bisherigen Höchststand 2018.
Zwölf Bezirke liegen demnach unter den Vorjahresvergleichsmengen. Vor allem Liesing (-425), Favoriten (-338) und Floridsdorf (-326) liegen weit unter ihren historischen Höchstwerten, aber immer noch im Mittelfeld ihrer bisherigen Mengen. Auch Margareten (-183) und Ottakring (-116) liegen im dreistelligen Minusbereich.
Ranking nach Objektzahlen – Donaustadt erneut führend
In absoluten Gesamtzahlen ist, wie schon im Vergleichszeitraum Jänner bis Juni 2021, laut RE/MAX-Berechnungen auch diesmal die Donaustadt mit 1.903 verkauften Objekten führend. Ebenfalls noch knapp über der 1.000er-Marke liegt Favoriten (1.096). Es folgen Floridsdorf (914), Leopoldstadt (905), Penzing (871), Landstraße (672) und Döbling (600). Dahinter reihen sich Ottakring (588) und Liesing (549) ein.
Die meisten Bezirke finden sich zwischen 400 und 500 verbücherten Objekten: Meidling (492), Simmering (434), Rudolfsheim-Fünfhaus (410), die Brigittenau (409) und Hernals (402). Unter 400 liegen dicht nebeneinander Hietzing (384) und Währing (383). Den Abschluss bilden Margareten (293), Alsergrund (240), Wieden (178), Innere Stadt (171), Mariahilf (166), Neubau (154) und die Josefstadt (153).
Wieder eine Milliarde Umsatz
Knapp hinter der Steiermark verzeichnet Wien prozentual die zweithöchste Wertsteigerung von +17,6 %. In absoluten Zahlen jedoch verteidigt Wien den ersten Rang spielend und erzielt um +1,00 Mrd. Euro mehr Umsatz als im Vorjahr, in Summe 6,68 Mrd. Euro.
Donaustadt weit vorne, Floridsdorf wird von Leopoldstadt abgelöst
Laut den RE/MAX-Experten legen 16 Bezirke zu, sieben liegen hinter den Ergebnissen des Vorjahres. Mit großem Abstand, nämlich 949 Mio. Euro Immobilienumsatz hält sich die Donaustadt an der Spitze, ein Zuwachs von +379 Mio. Euro. Erstmals seit 2015 an der zweiten Stelle liegt die Leopoldstadt. Sie wächst mit +300 Mio. Euro beinahe ähnlich stark auf einen Gesamtumsatz von 578 Mio. Euro, der sich gegenüber 2021 mehr als verdoppelt hat. Döbling schafft es mit +182 Mio. Euro auf gesamt 509 Mio. Euro. Floridsdorf legt mit 401 Mio. Euro um +19 Mio. Euro zu. Knapp beisammen folgen Landstraße mit 397 Mio. Euro (+32 Mio. Euro) und Favoriten mit 393 Mio. Euro, allerdings mit einem Rückgang von -87 Mio. Euro. Die 300-Millionen-Euro-Grenze erstmals geknackt hat auch Währing. Zusätzliche +75 Mio. Euro ergeben in Summe 313 Mio. Euro. Die Innere Stadt wirft 286 Mio. Euro in die Waagschale (+38 Mio. Euro), Penzing 280 Mio. Euro (+93 Mio. Euro) und Meidling 258 Mio. Euro, trotz dem bundesweit größtem Einbruch von -154 Mio. Euro nach dem Rekordjahr 2021. Der Bezirk Ottakring meldet mit 248 Mio. Euro (+38 Mio. Euro) sein bisher bestes Ergebnis, Liesing unterbietet hingegen seinen Höchstwert von 2021 und erzielt mit -134 Mio. Euro noch 242 Mio. Euro. Im Bezirk Brigittenau schlagen die Immobilienverkäufe mit rekordmäßigen 229 Mio. Euro zu Buche (+116 Mio. Euro), in Alsergrund mit 209 Mio. Euro (+18 Mio. Euro) und in Hietzing mit 205 Mio. Euro (-3 Mio. Euro). Ebenfalls noch im dreistelligen Millionenbereich liegen die Bezirke Hernals (189 Mio. Euro, +18 Mio. Euro), Simmering (185 Mio. Euro, -21 Mio. Euro), Margareten (160 Mio. Euro, -23 Mio. Euro) und Rudolfsheim-Fünfhaus (155 Mio. Euro, +35 Mio. Euro). Den Hundert-Millionen-Sprung hat nun auch die Josefstadt erstmals geschafft. Dank eines Anstiegs von +59 Mio. Euro liegt der Bezirk bei insgesamt 132 Mio. Euro. Weiter geht es mit Neubau (128 Mio. Euro, +20 Mio. Euro), Wieden (124 Mio. Euro, +11 Mio. Euro) und Mariahilf (123 Mio. Euro, -8 Mio. Euro).
Sichere Zahlen aus dem Grundbuch
Die Grundlagen für die verlässlichsten verfügbaren Immobilien-Marktdaten in Österreich liefert das Grundbuch mit seinen öffentlich zugänglichen Kaufverträgen, die von der IMMOunited GmbH, den Expert:innen für Immobiliendaten, in der Kaufvertrags-Sammlung vollständig erfasst und von RE/MAX Austria kontinuierlich seit dem Jahr 2009 ausgewertet und analysiert werden.
Ihr Ansprechpartner
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Ihr Paul Ochsenhofer